IV. Neugründung nach dem Krieg

Schon knapp ein Jahr nach dem Ende des II. Weltkrieges, im März 1946, fand in Gürzenich im Lokal Fuchs die Wiedergründung der Freiwilligen Feuerwehr Gürzenich statt. Brandmeister Offergeld konnte folgende „alte" Mitglieder begrüßen:
Wilhelm Stüttgen, Gerhard Schick, Hubert Esser, Willi Berger, Toni Olefs, Matthias Scholl, Josef Weingartz, Hubert Fuchs und Josef Spieß. Aus der ehemaligen „HJ" Feuerwehr wurden übernommen: Leo Jansen, Theo Gallmann und Christian Broichgans. Als neue Mitglieder stießen hinzu: Fred Röls, Heinz Kügeler, Hans Pütz und Josef Pfeiffer.

 

Die Aufgabe als Brandmeister übernahm Willi Berger, zum Amtsbrandmeister wurde Franz Offergeld ernannt.
Zunächst einmal mußte es darum gehen, die Infrastruktur des Feuerlöschwesens wieder aufzubauen. Geräte mussten beschafft und vernünftig untergebracht werden, die Ausbildung mußte wieder in vernünftigem Rahmen aufgenommen werden, und nicht zuletzt sollte auch der neue Kameradschaftsgeist Einzug halten. Glücklicherweise ist aus diesen ersten Jahren nicht von vielen größeren Bränden zu berichten. Im November 1948 brannte es im Sägewerk Betgen auf der Hauptstraße, ein Kurzschluß hatte die Schreinerei, einen Schuppen und die Holzvorräte in Brand gesetzt.
Im März 1949 brannte eine Scheune auf der Hauptstraße, die Freiwillige Feuerwehr Gürzenich und die Berufsfeuerwehr Düren erschienen kurz nacheinander am Brandort, mussten aber zunächst einmal die Wasserentnahmestelle, den Gürzenicher Bach, präparieren, da er nur eine Tiefe von 10 cm hatte. Die Gürzenicher Wehr ihrerseits hatte Probleme mit dem TS 8, das kein Wasser lieferte, da es nicht anspringen wollte.
Besonderer Bestandteil der Obungs- und Ausbildungsarbeit der Gürzenicher Wehr waren immer wieder Einsätze in den nahen Waldgebieten. Eine Reihe von Waldbränden beunruhigte die Bevölkerung z B. im Frühjahr 1952, das als außerordentlich warm und trocken galt.

 

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Bild rechts: Die Wehr im Jahre 1948. Von links:
Obere Reihe. Schumacher, Heiden, Olefs, Nievelstein, Spieß, Schick
Mittlere Reihe: Gallmann, Ganster, Roels, Jansen, Reifer, Berger, Offergeld, Sackes

Untere Reihe: Kügeler, Ürlings, Decker

 

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Einsatzbericht von Johann Kaiser der Dürener Feuerwehr zum Großfeuer in den Stallungen Hauptstr. am 27.3.1949

 
Zu einem absoluten Großeinsatz für die Feuerwehren des Kreises Düren kam es am Nachmittag des 28. April 1954. In der Vulkanisieranstalt Lance in Gürzenich stand ein riesiges Autoreifenlager in Flammen. Rund 200.000 alte Autoreifen brannten unter Entwicklung einer riesigen schwarzen Rauchwolke vollständig ab. Zur gleichen Zeit brach in der Nähe von Abenden ein Waldbrand aus, der 70 bis 80 Morgen Eichen- und Buchenwald vernichtete. In der folgenden Nacht gerieten in Lamersdorf ein Schuppen, in dem mehrere Maschinen untergebracht waren, und ein Pferdestall in Brand.

 

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Über den Brand bei Lance berichtete die Presse u.a.: „Das Reifenlager in Gürzenich mit einer Ausdehnung von etwa 3600 qm stand gegen 17 15 Uhr innerhalb kurzer Zeit in hellen Flammen. Riesige schwarze Rauchwolken verdunkelten den hellen Sonnenhimmel und wurden durch den Ostwind gegen die Voreifel getrieben. Wehren von Gürzenich, Lendersdorf, Düren und Birkendorf waren schnell zur Stelle.

 

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Der Brand im Reifenlager der Firma Lancé zog zahlreiche Schau-

lustige an. Die schwarzen Wolken waren kilometerweit zu sehen.

 

Tausende Menschen umlagerten die Brandstelle, hielten sich jedoch in respektvoller Entfernung, da das in den etwa 200 Tonnen Reifenmaterial wütende Feuer eine höllische Hitze entwickelte. Während die Wehren zunächst aus den nahen Hydranten, später aus dem etwa 250 m entfernt liegenden Teich den Brand bekämpften, packten die  Nachbarn beherzt mit an, Maschinen, Geräte und Reifen aus dem Hexenkessel zu retten. Das Feuer wurde mit etwa zwanzig Strahlrohren bekämpft. Trotzdem konnte das Reifenlager nicht mehr gerettet werden. Die Betriebs- und Werkstattgebäude dagegen wurden dank des schnellen Eingreifens der Wehren vom Feuer verschont.

 

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Die Löscharbeiten gestalteten sich sehr schwierig. Die starke Rauch- und Hitze-Entwicklung machten es fast unmöglich, an den tausende Quadratmeter großen Brandherd heranzukommen. Mit ausgehängten Türen und naßgespritzten Kleidern halfen sich die Wehrmänner, gegen die Hitze vorzugehen. Die übrigbleibende Glutfläche wird noch einer tagelangen Brandwache bedürfen. Den Flammen fielen etwa 200 Tonnen Autoreifen und drei Tonnen. [Auto]schläuche zum Opfer."

 

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Die Freiwillige Feuerwehr Gürzenich hatte ihre Einsatzbereitschaft und Schlagkraft eindrucksvoll unter Beweiß gestellt. Zum Dank dafür und in Anerkennung 25jähriger treuer Pflichterfüllung erhielten im März 1956 Amtsbrandmeister Offergeld und die Ofm Stüttgen, Schick und Esser vom Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen das „Feuerwehrehrenzeichen in Silber" verliehen.

 

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Bild von der Verleihung der Feuerwehr-Ehrenzeichen in Silber an die

Kameraden ABrm. Offergeld, Ofm. Stüttgen, Schick, Esser

 

Mehr und mehr war die Freiwillige Feuerwehr Gürzenich auch zu einem Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens im Dorf geworden. Bälle, Silvesterfeiern, Kameradschaftsabende, Teilnahme am Karnevalszug und Betreuung des Martinszuges - die Aktivitäten der Gruppe fanden starke Resonanz bei den Gürzenichern.
Allein zu einem Tanzabend im Saale Fuchs am 2. September 1956 mit dem erstmals in Gürzenich gastierenden Radio-Tanz- und Schauorchester „Bob Wals" aus Holland erschienen 1200 Besucher. Rechtzeitig zu diesem Großereignis hatte die Gemeinde Gürzenich die Wehrmänner mit 20 nach Maß gefertigten Ausgehanzügen ausgestattet, war hei den Mitglieder natürlich großen Anklang fand.

Dass der Einsatz für die Allgemeinheit oft mit einem Risiko für Leib und Leben verbunden war, musste mancher Feuerwehrmann schmerzlich erfahren. So erlitt Kamerad Heiden beim Einsatz am 19.1.1957 einen Knochenbruch.
Auch auf Fest- und Feiertage nahm das Feuer keine Rücksicht. Mehrfach ist von Einsätzen zu Heiligabend oder an Weihnachten die Rede.

 

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Verletzt: Kamerad Leyens

 
Am 15. Januar 1958 kam es zu einem Großbrand im Saalbau Fuchs, dem dieses weit über die Grenzen des Kreises Düren hinaus bekannte Veranstaltungslokal vollständig zum Opfer fiel. Morgens um 2.45 Uhr hatten ein LKW-Fahrer und wenig später ein PKW-Fahrer von der B 264 aus Flammen im hinteren Saalbereich gesehen und daraufhin sofort die Polizei und den Besitzer alarmiert. Über den Verlauf der Löscharbeiten schrieb die Dürener Zeitung damals: „Inzwischen hatten die Holzausstattung des Saales und die riesigen Vorhang-Fronten das Feuer auf die ganze Halle übertragen. Wild prasselten die Flammen teilweise zehn Meter hoch aus dem mit Teerpappe abgedeckten Dach. Brennende Holzteile stoben bei dem herrschenden Nord-Westwind in die lichtbebaute Nachbarschaft. In gemeinsamer ausgezeichneter Zusammenarbeit der Dürener Berufsfeuerwehr unter Brandmeister Hecker und der Freiwilligen Feuerwehr Gürzenich unter Brandmeister Berger nahmen die 35 Wehrmänner mit zwei B- und acht C-Leitungen den Kampf gegen die wütenden Elemente auf. Auch der Kreisbrandmeister weilte an der Brandstelle. Als das Wasser von zwei Tanklöschfahrzeugen verbraucht war, legte man Schlauchleitungen zum Gürzenicher Bach. Das Saalgebäude war jedoch nicht mehr zu retten. Die Wehren hatten alle Hände voll zu tun, das angrenzende Wohn- und Wirtschaftsgebäude der Gastwirtschaft und eine unmittelbar neben dem Saalbau liegende Scheune unter Wasserschutz zu halten." Übereinstimmend berichteten die Feuerwehrmänner von einer bisher nicht gekannten Hitzeentwicklung durch den Brand, die sogar zwei Feuerwehrautos erheblich in Mitleidenschaft zog. Glücklicherweise kamen keine Personen zu nennenswertem Schaden.

Und immer wieder Waldbrände. Dem Jahresbericht 1959 können wir eine- Auflistung der diesbezüglichen Einsätze im Jahresverlauf entnehmen:

7. Juli             Waldbrand Hubertushöhe bei Großhau
11. Juli           Großbrand bei Bergstein (20 Hektar Wald in Flammen)
24. Juli           Waldbrand in Gürzenich, Haus Hardt
24. Juli           Waldbrand in Gürzenich, Munitionslager
25. Juli           Waldbrand Hubertushöhe
26. Juli           Waldbrand in Gürzenich bei Haus Hardt 17. September Waldbrand in Gürzenich bei Haus Hardt
17. Oktober    Waldbrand in Hergarten
18. Oktober    Waldbrand in Gürzenich bei Haus Hardt
18. Oktober    Waldbrand in Gürzenich bei Haus Hardt

Mit der gleichen Regelmäßigkeit wurde die Wehr zu Hochwassereinsätzen gerufen. Vom 10.1.-4.2.1961 wurden 14 Keller leergepumpt, für den 3. Juni 1961 vermerkt der Jahresbericht sogar:
Hochwasser in Gürzenich 31 Keller wurden leergepumpt. Kraftstoffverbrauch 160 Liter. Dauer des Einsatzes: 15 Stunden, anwesend 15 Feuerwehrmänner.

 

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Bis in die jüngste Zeit ist Hochwasser in Gürzenich eine alljährlich wiederkehrende „Plage"

 

Trotz aller Pflege, die die Mitglieder der Feuerwehr ihren Geräten angedeihen ließen, war es irgendwann soweit, dass eine Funktionstüchtigkeit nicht mehr gewährleistet war. Am 1.Februar 1956 meldete Gemeindebrandmeister Berger dem Gemeinderat, dass die „bei der Freiwilligen Feuerwehr stationierte TS 8 (Metz) mit DKW-Motor [...] nicht mehr reparatur- und einsatzfähig" sei. Immerhin dauerte es noch drei Jahre, bis dafür Ersatz beschafft wurde.
Ähnlich erging es den Männern mit ihrem alten Löschfahrzeug. Trotz deutlicher Altersschwäche und technischer Mängel - das Fahrzeug blieb bis 1961 im Einsatz. Dann jedoch, am 10. März, wurde es von der Technischen Überwachung Düren aus dem Verkehr gezogen und musste abgeschleppt werden, da es zur Personenbeförderung nicht mehr geeignet war.

 

Ein neues Fahrzeug musste her, wollte man die Sicherheit der Bevölkerung nicht gefährden. Am 3. Oktober 1962 war es soweit, ein neues LF 16 traf in Gürzenich ein. Mit unverhohlenem Stolz vermerkt der Jahresbericht:
„Um 21.00 Uhr traf unser neues LF 16 Fahrzeug mit 800 Liter Tank ein. In Karlsruhe wurde es von Amtsdirektor Schmitz, Amtsbrandmeister Berger, Amtsoberinspektor Harscheidt und Ofm. Klein abgeholt. Viele Kameraden warteten schon um 18.00 Uhr auf das Fahrzeug, bis es dann gegen 21.00 Uhr eintraf. Die Freude über das neue Fahrzeug war sehr groß und es passte sogar in die Garage unseres Amtsbrandmeisters. Die Privatfahrzeuge mussten Platz machen, um nur ja unser Fahrzeug gut unterstellen zu können."
Am 21. Oktober wurde das neue Fahrzeug durch Pastor Kaufmann eingesegnet.

 

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Die Freiwillige Feuerwehr Gürzenich aus Anlass der Einsegnung des neuen Fahrzeugs am 21.10.1962
Obere Reihe, von links: Peter Schmitz, Franz-Karl Stein, Norbert Fuchs, Reinhard Boving
Mittlere Reihe, von links: Willi Groß, H. Heinrichs, Theo Gailmann, Norbert Quade, Leo Jansen, ???,

Hans Pütz, Josef Heiß, Heinz Heiden, Hubert Esser, Christian Broichgans, Kaspar Klein,

Alfred Schnitzler, Willi Stüttgen, Ulrich Stückgen
Kniend, von links. Willi Berger, Walter Tombers , Ferdie Antons, Willi Wolff

 

Schon wenige Monate später musste das neue Fahrzeug im wahrsten Sinne des Wortes seine Feuerprobe bestehen. Im Schankraum der Raststätte Lenzen an der Aachener Straße brach in der Nacht zum 16. März 1963 ein Brand aus, der sich schnell ausbreitete und den Bewohnern des Obergeschosses den Fluchtweg abschnitt. Den Ablauf der dramatischen Rettungsaktion schildert ein Zeitungsbericht:
„Soldaten aus Nörvenich hatten in der Raststätte Lenzen an der Aachener Landstraße, deren Pächter der 53jährige Gastwirt Karl Schepp ist, einen Kameradschaftsabend gefeiert. Als sie gegen ein Uhr das Lokal verließen, verschloss der Wirt die Haustür und ging zu Bett. Seine Frau, die 19jährige Tochter und der 13 Jahre alte Sohn hatten sich schon vorher zur Ruhe begeben. Kurz vor drei Uhr erwachte die Tochter durch Brandgeruch. Der Vater eilte nach unten und fand den Schankraum in Flammen. Zum Telefon war ihm bereits der Weg versperrt. In seiner Erregung ergriff er auf dem Flur einen Eimer und versuchte, den Brand mit Wassergüssen einzudämmen. Passanten hatten mittlerweile - zwar in bester Absicht, aber mit negativem Erfolg - von außen die Scheiben der Gaststube eingeschlagen. Die Sauerstoffzufuhr und der entstehende Sog rissen die Flammen in den Flur und das Treppenhaus. Dort konnte sich der verzweifelte Wirt nicht mehr halten. Er entkam durch die Haustür ins Freie.

 

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Aus der Nachbarschaft war mittlerweile die Polizei verständigt worden. Sie alarmierte um 3.10 Uhr die Feuerwehr. Als die Wehrmänner genau zwei Minuten später mit zwei Tanklöschfahrzeugen und einer Drehleiter aus dem Hof des Städtischen Fuhrparks an der Rurstraße rasten, heulte im nahen Gürzenich die Brandsirene. Die Freiwillige Feuerwehr Gürzenich traf fast gleichzeitig mit den Kollegen aus Düren an der Unglücksstelle ein 30 Feuerwehrleute standen mit sechs C-Rohren zum Einsatz bereit. [...] Die Rettungsaktion für die Hausbewohner und die Löscharbeiten begannen gleichzeitig. Außer der Familie Schepp wohnten in dem Haus vier Monteure, über dem an der Straßenfront angebauten Sälchen der Gastwirtschaft ein älteres Ehepaar und eine Frau, die aber nicht zu Hause war.


Dem Verbleib der Bewohner galt die erste besorgte Frage der Wehrmänner. In der allgemeinen Aufregung konnten indes weder Karl Schepp noch seine im letzten Augenblick über die Treppe entkommene Tochter Angaben machen. Auf einer Leiter stiegen die mit Rauchmasken ausgerüsteten Feuerwehrleute zunächst vorne, dann vom Hof her in den ersten Stock ein. Frau Schepp wurde jedoch nicht gefunden. Starke Rauchentwicklung und die nach oben vorgedrungenen Flammen erschwerten die Aktion [...]. Erst beim dritten Einstieg fand man die Wirtin. Sie lag dicht hinter der Tür eines kleineren Raumes neben ihrem Schlafzimmer. Die Bewusstlose, mit Nachthemd und einem darüber geworfenen Mantel bekleidet, hatte Verbrennungen im Gesicht und an den Händen davongetragen. Über die Leiter musste man sie auf die Straße zum bereitstehenden Krankenwagen schaffen. [...]"
Frau Schepp verstarb wenig später im Krankenhaus, vermutlich infolge der erlittenen Rauchvergiftung. Die anderen Bewohner des Hauses wurden teils mit dem Sprungtuch, teils mit der Leiter gerettet.

Glücklicherweise verliefen die meisten Einsätze der Freiwilligen Feuerwehr weniger dramatisch. Von einer eher amüsanten Rettungsaktion erzählt der Jahresbericht 1962: „19. Dezember. Grundwasser im Keller, Gürzenich, Hauptstraße, Oskar Ermel. Ein ca. 10 Zentner schwerer Ochse, der bis zum Hals im Wasser stand, wurde freigepumpt und aus seiner unglücklichen Lage befreit."